Weihnachtsansprache Bürgermeister Martin Öttl

2022-12-22

Meine sehr verehrten Damen und Herren, 
sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger!

Die gute Tradition der vergangenen Jahre und Jahrzehnte möchte ich bewahren und einige Gedanken an Sie richten.

Beginnen möchte ich nicht mit einem Rückblick oder einer Vorschau, sondern mit einem kleinen Gedicht von unserem Walter Soraruf, der ja auch einige Zeit hier im Gemeinderat war. Der Walter hat einmal ein schönes Gedicht geschrieben, das mir vor einiger Zeit in die Finger kam.

Moderner Haushalt

Wia des woi wär, na stellts euch fia,
kemmaten eina bei da Tür,
de Urgroßeltern auf a Stund
so wia a Bsuach halt kemma kund.

I machat freindlich d´Haustür auf
Und fahrs mitn Lift in d´Wohnung nauf,
Kaffeemaschin dampft auf de Schnelle
De Torte lacht aus der Mikrowelle.

I zoag eah d´Wasch- und Spülmaschin´,
de Glückwünsch werd´n vom Computer gschriebn,
koa Feuer findst no im und am Herd,
weil sowas ins Museum ghört.

A d´Wäsch muaß nicht mehr auf die Leine,
de haust ja grad in Trockner eine,
und is da koid, brauchst koa Kohln,
und a koa trockas Scheitl hoin.

Megst Fernseh schaun und Video
In Stereo – ja sowieso
De Kühltruhn is a grammelt voll
Und unsa Staubsauga ziagt toll davo.

Und seids vom Stauna jetzt scho miad,
dann werd ins Schlaffzimma rein marschiert.
Man erholt sich nämlich nett,
Im nagelneuen Wasserbett.

Na, na sagt da de alte Frau
Aus eichan Zeig wern mia ned schlau.
Wann alles ganz von selba geht,
versteh ich oans halt doch no ned,
erklär mir bittescheen, kimm scho sag,
was doads denn es den ganzen Tag?

So schön und lustig die Verse von Walter Soraruf sind, so nachdenklich hat mich die kleine Geschichte doch auch gemacht.

Als Bürgermeister ist mir durch den Kopf gegangen, wie denn unsere Vorgänger im Amt, also als Bürgermeister und Gemeinderäte, vor vielen Jahrzehnten heute unsere Situation sehen würden.

Wie war es denn vor 50 oder 100 Jahren?

Vor 100 Jahren gab es beispielsweise den Ortsteil Mitterfelden noch gar nicht.
Es gab zwei drei Häuser, doch die Fläche war nicht bebaut und es gab viele große Viehweiden und Ackerflächen der lokalen Bauern.
Das Stahlwerk Annahütte gab es zu dieser Zeit schon knapp 400 Jahre und im ersten Weltkrieg war die Annahütte ein Rüstungsbetrieb.
Industrie und Gewerbe im heutigen Sinn gab es nur sehr wenig. Die Dörfer waren vom Vereinsleben geprägt und das Leben spielte sich oftmals noch in den Dorfwirtshäusern ab.
Der Gebirgstrachtenerhaltungsverein Hammerau – Ainring wurde vor 100 Jahren gegründet, um die alten Traditionen zu bewahren und zu leben.
Das Leben war einfach, vom gerade erst überwundenen Ersten Weltkrieg noch stark geprägt und die Leute waren nicht wirklich wohlhabend.
Es waren einfache Leute, die gemeinsam anpackten und so ein Fundament für die Zukunft legen wollten.

Vor 50 Jahren war man gerade noch so im Wirtschaftswunder der 60er und 70er Jahre.
Das Handwerk hat unsere Wirtschaft stark bestimmt und in der Hammerau war das Eisenwerk noch im Besitz der Familie Zeller.
Das Gewerbegebiet in Mitterfelden gab es eigentlich noch nicht und ein Fernheizwerk war gerade im Bau.
Die Dörfer Ainring, Feldkirchen, Thundorf, Perach und Straß bestanden im Kern genauso wie jetzt, doch es gab noch viel mehr aktive Landwirte.

Die Zusammenlegung der Gemeinden Straß und Ainring war zwar bereits im Jahr 1970 von statten gegangen, doch 1972 zum 1. Juli wurde Ainring aus dem Landkreis Laufen in den neu geschaffenen Landkreis Bad Reichenhall überführt.
Die Umbenennung in „Landkreis Berchtesgadener Land“ erfolgte dann zum 1. Mai 1973.
Finanziell war die Gemeinde nicht auf Rosen gebettet.
1974 sollte die Gemeinde insolvent gehen, weil aufgrund der weltweiten Rezession nicht wie im erhofften Maße Firmen und damit Abnehmer für die Fernwärme angesiedelt werden konnten.

Warum habe ich das Gedicht vorgetragen und einen sehr kurzen Rückblick in die Vergangenheit gemacht?

Nun … ich möchte damit verdeutlichen, wie schnelllebig unsere Zeit ist und wie viel sich verändert hat.
Gerade in der aktuellen Zeit vergisst man immer, was Reichtum bedeutet.
Ist man reich, wenn man 3.000 € oder 4.000 € im Monat verdient?
Ist man reich, wenn man eine Wohnung besitzt oder gar ein Haus?
Ist man reich, wenn man all den technologischen Fortschritt zu Hause hat, der einem doch die Arbeit abnehmen soll?
Oder ist man reich, wenn man gute und liebevolle Menschen um sich hat?

Ich glaube, dass sich Ainring, Bayern und Deutschland trotz der Irrungen der Weltkriege sehr gut entwickelt hat – zumindest finanziell.
Die technischen Entwicklungen werden immer schneller, der Kapitalismus legt stetig zu und die Bevölkerung (zumindest der überwiegende Teil) wird immer wohlhabender.
 

Doch, und da komme ich wieder auf die Urgroßeltern zurück, sind wir wirklich glücklicher als die Generationen vor uns?

Das Leben ist heute vielleicht wirklich einfacher und unsere Ahnen könnten sich fragen, was wir den ganzen Tag so machen.
Doch sind unsere Probleme kleiner geworden?
Ich glaube nicht.

 

Konsum 

Der Turbo-Kapitalismus zeigt sich nie im Jahr so drastisch als vor Weihnachten.
Konsum an allen Stellen, beginnend mit dem „Sale“, dem „Black Friday“, dem „Cyber-Monday“ und dann den ganzen verlockenden Angeboten in der Adventszeit.
Doch ist das der Weisheit letzter Schluss?

 

Ressourcen und Klimawandel

Der Ressourcenverbrauch in den letzten Jahren steigt stetig. Wir beuten unseren Planeten immer noch schneller aus.
Ganz drastisch sieht man es am Klimawandel.
Aufhalten können wir ihn ohnehin schon nicht mehr, doch wir schaffen es ja nicht einmal ihn zu verlangsamen.

 

Advent

Der Advent sollte eigentlich die „stade Zeit“ sein, die Zeit der Vorbereitung auf die Ankunft des Herrn.
Das Klischee des ruhigen Abends zu Hause, ohne Medien, ohne Stress, in der man zur Ruhe findet … dieses Klischee gibt es wohl kaum noch in unseren Familien.
Doch wenn man sich wirklich einmal zwingt, zur Ruhe zu kommen, dann wird man zwangsläufig auf diese Themen kommen.

 

Wünsche

Darum möchte ich heute ein paar Wünsche loswerden. Wünsche ans Christkind, Wünsche an die Gesellschaft, Wünsche an jeden einzelnen von uns:

Ich wünsche mir, dass wir alle hier im Gemeinderat standhaft sind und stets das Wohl aller Bürgerinnen und Bürger im Auge behalten. Das Miteinander im Gemeinderat ist hervorragend. Das müssen wir bewahren, das dürfen wir uns nicht nehmen lassen. Wir müssen dabei nicht immer einer Meinung sein – um Gottes willen nein. Es muss unser großes Ziel sein, wie in den letzten Jahren auch, die Gemeinde in der Sache nach vorne zu bringen.

Ich wünsche unseren Bürgerinnen und Bürgern, dass sie sich nicht in einen negativen Strudel ziehen lassen. Vor einigen Wochen ging groß durch die Medien, dass wir im Winter alle frieren werden und dass tage- ja gar wochenlang der Strom ausfallen könnte. Ja, es ist nicht auszuschließen, dass es an der einen oder anderen Stelle zu Ausfällen kommen kann. Doch sind diese Horror-Szenarien, die beschwört wurden wirklich zutreffend?

Mir geht da immer ein Zitat von Franz Josef Strauß aus dem Jahr 1986 durch den Kopf:
„Wer die Menschen verwirrt, wer sie ohne Grund in Unsicherheit, Aufregung und Furcht versetzt, der betreibt das Werk des Teufels.“

So dramatisch würde ich es nicht darstellen wollen, aber ich wünsche mir, dass unsere Bürgerinnen und Bürger wieder mehr hinterfragen, wieder selbst denken und sich nicht durch negative Schlagzeilen herunterziehen lassen.

Ich wünsche mir, dass wir den Fair-Trade-Gedanken noch viel weiter ausbauen. Die Arbeit der neuen Bürgermedaillen-Trägerin Rosi Pscheidl und ihrem Team um Edith Höglauer im Weltladen ist überragend. Die Gemeinde unterstützt den Gedanken, wo es nur geht. Es wäre schön, wenn noch viel mehr Menschen aber auch Firmen den Weltladen unterstützen und so armen Menschen in anderen Teilen der Erde helfen würden.

Und vor allem wünsche ich mir, dass jeder auf den Nächsten schaut.
Das Miteinander der Menschen, das Aufpassen auf die Familie,
die Hilfe für Freunde, Bekannte und Nachbarn, die Unterstützung für Flüchtlinge
das alles wird in den nächsten Jahren noch viel wichtiger werden.

Und damit möchte ich den Bogen zum Gedicht von Walter Soraruf und zu den eingangs gemachten Gedanken spannen:
Technisch, wirtschaftlich, finanziell geht es uns mit Sicherheit besser als unseren Urgroßeltern, doch sind wir deswegen glücklicher?

Ich möchte diese Frage einfach einmal im Raum stehen lassen. Jeder von Ihnen kann und darf sich selbst Gedanken dazu machen.

 

Danke

Ich möchte mich bei allen ehrenamtlichen Helfern in unsere Gemeinde bedanken – egal, ob sie in einem Verein wirken oder einfach dem Nächsten helfen.
Danke für jedes gute Wort, Danke für jede gute Tat.

Danken möchte ich allen Firmen und Arbeitnehmern, die mit ihrem Fleiß und ihrem Engagement es uns als Gemeinde überhaupt ermöglichen, unser Umfeld so positiv zu gestalten.

Ich danke allen Bürgerinnen und Bürger dafür, dass sie auf uns vertrauen, dass sie uns hier herinnen unterstützen und dass sie uns auch einmal kritisch begleiten.

Danke nochmal allen Gemeinderätinnen und Gemeinderäten und meinen beiden Stellvertretern Rosi Bernauer und Martin Strobl für die immer vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Zu guter letzt bedanke ich mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Gemeinde, egal ob im Rathaus, bei den Gemeindewerken, in den Kindertageseinrichtungen oder im Bauhof. Ich bin stolz und dankbar, dass ich gemeinsam mit Euch arbeiten darf. Ihr seid eine große Freude.

Ich wünsche...

Ihnen allen noch eine möglichst ruhige Adventszeit, besinnliche Weihnachten, gute Gespräche, schöne Begegnungen, einen guten Rutsch ins neue Jahr und für 2023 wünsche ich allen Bürgerinnen und Bürgern viel Glück, viel Gesundheit und alles erdenklich Gute.

Bleiben Sie gesund und passen Sie auf sich und ihre Mitmenschen auf.

 

 

 

 

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